26.06.2008

Nun wird es kompliziert

Nächster Akt im Übernahmedrama um Anheuser-Busch. Der (noch) weltgrößte Brauer SABMiller hat bereits informelle Gespräche mit Grupo Modelo geführt wegen einer teilweisen oder vollständigen Übernahme des mexikanischen Brauers, an dem Anheuser-Busch mit 50,2 Prozent beteiligt ist. Wird dadurch Anheuser-Buschs Verteidigungsstrategie hintertrieben?

Erst InBev und Anheuser-Busch und nun auch noch Grupo Modelo und SABMiller. Soll da noch einer durchblicken, wer hier wen kauft.

Glaubt man den amerikanischen Medien, könnte der mexikanische Brauer Grupo Modelo (Corona Extra) das Zünglein an der Waage werden, ob es InBev gelingt, die Nummer eins des amerikanischen Biermarktes, Anheuser-Busch zum Preis von USD 46 Milliarden in bar zu übernehmen.

Wie am Dienstag, 24. Juni 2008 bekannt wurde, hat SABMiller bereits informelle Gespräche sowohl mit Grupo Modelo wie auch mit InBev geführt, um auszuloten, ob Grupo Modelo grundsätzlich verkaufswillig ist – und wohl auch zu welchem Preis.

Daraufhin veröffentlichte InBev am Mittwoch, 25. Juni 2008 einen dritten Brief an Anheuser-Busch, in dem InBev-CEO Carlos Brito erneut seine Kaufabsichten bekräftigte, mit dem Hinweis, InBev habe bereits USD 50 Millionen an Gebühren an die Banken gezahlt, um die Finanzierung wasserdicht zu machen.

Um Anheuser-Busch übernehmen zu können, braucht InBev USD 40 Millionen an frischem Kapital.

Wie wir berichteten, könnte durch den Kauf der 49,8 Prozent der Aktien an Grupo Modelo, die Anheuser-Busch nicht gehören, der amerikanischer Brauer zum einen ans Ziel seiner Wünsche gelangen und alleiniger Herr im Hause Modelo werden und zum anderen auch die unerwünschten Avancen von InBev abwehren.

So weit so spekulativ. Inzwischen sind nämlich auch geheime Details aus dem Vertrag zwischen Anheuser-Busch und Grupo Modelo an die Öffentlichkeit gelangt, wonach beide Parteien ein Vorkaufsrecht besitzen. Das geht aus Unterlagen hervor, die der Brauwelt vorliegen.

Das bedeutet konkret: Macht SABMiller den mexikanischen Aktionären von Grupo Modelo ein Angebot, und kann Anheuser-Busch diesem Angebot ein gleichwertiges entgegensetzen, erhält Anheuser-Busch automatisch den Zuschlag. Ob Modelo will oder nicht.

Folglich muss SABMiller, sofern die verbreiteten Kaufabsichten ernsthaft sind, Grupo Modelo ein ziemlich extravagantes Angebot unterbreiten, damit Anheuser-Busch nicht mithalten kann. Allerdings wird bereits der 49,8-prozentige Anteil von Grupo Modelo mit einem Wert zwischen USD 10 Milliarden und USD 15 Milliarden beziffert. Das entspricht einem zehn- bis fünfzehnfachen des Gewinns (EBIT). Mit anderen Worten: Grupo Modelo wird schon zum jetzigen Zeitpunkt teuer gehandelt.

Aus diesem Grund erscheint ein Angebot von SABMiller für Grupo Modelo als ziemlich unwahrscheinlich. Außer – die Südafrikaner sind sich sicher, dass InBev ihnen nach einer erfolgreichen Übernahme von Anheuser-Busch die Aktien an Grupo Modelo wieder abkaufen wird.

Diese Spekulation ist mit vielen Fragezeichen versehen. Doch sie treibt die Analysten der Wall Street um. Denn es gibt einen Präzedenzfall: In 2004 lieferten sich SABMiller und Anheuser-Busch eine Schlacht um die Aktien der chinesischen Harbin-Brauerei. Am Ende hatte Anheuser-Busch die Mehrzahl der Aktien, musste aber SABMiller seine Aktien teuer abkaufen. Für SABMiller war das Bietergefecht ein schönes Geschäft: SABMiller ging mit einem Spekulationsgewinn von USD 120 Millionen nach Hause.

Die Frage, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt völlig offen ist, lautet: Wie werden sich die Aktionäre von Grupo Modelo verhalten? Wollen sie verkaufen oder nicht?

Rational betrachtet, hat der CEO von Grupo Modelo, Carlos Fernandez, 41, keinen Grund einem Verkauf zuzustimmen, denn er verlöre dadurch seinen Posten. Auch scheint es, dass er einen Teil der Aktionäre hinter sich hat.

Eine Handvoll mexikanischer Familien besitzt 45 Prozent der Anteile an Grupo Modelo. Dem ursprünglichen mexikanischen Control Trust aus dem Jahr 1993 (damals kaufte sich Anheuser-Busch bei Grupo Modelo erstmalig ein) gehörten 8 Eigentümer an.

Heute leben noch vier. Ihre Erben wurden nicht mehr in den Control Trust aufgenommen und haben auch keine Führungspositionen im Unternehmen inne. Daher gibt es unter den Eigentümern von Grupo Modelo 44 Aktionäre, denen jeweils zwischen 0,5 Prozent und einem Prozent gehören, so Vermutungen aus wohl informierten Kreisen. Ohne primäres und vitales Interesse am Unternehmen dürften diese Aktionäre einem Verkauf nicht abgeneigt sein, da ihr Anteil einem Verkaufswert zwischen 50 Millionen und USD 100 Millionen entspräche. Ein nettes Sümmchen. Ob sie sich daher ein Angebot von Anheuser-Busch oder SABMiller entgehen lassen würden?

P. S. Zum Grupo Modelo gehört mehrheitlich Anheuser-Busch. Allerdings haben die mexikanischen Gründerfamilien, die 45 Prozent der Aktien von Grupo Modelo kontrollieren, die Stimmenmehrheit und damit im Unternehmen das alleinige Sagen.

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