Gäste des Kommunikationsabends des BV GFGH in Berlin
10.03.2020

Viel Politik beim Kommunikationstreffen des BV GFGH

Gegen Ausgrenzung eintreten | Das Kommunikationstreffen des Bundesverbands des Deutschen Getränkefachgroßhandels ist einer der Fixpunkte im Kalender der Getränkebranche in Deutschland – so auch in diesem Jahr.

Rund 600 Brauer, Getränkehersteller, Getränkefachgroßhändler, Getränkefachhändler und Verbandsvertreter trafen sich am 27. und 28. Februar 2020 in Berlin.

Politischer Auftakt

Die Politik spielte in diesem Jahr eine besonders große Rolle. In seiner Begrüßungsrede appellierte der geschäftsführende Vorstand Dirk Reinsberg eindringlich, gegen Aus- und Abgrenzung einzutreten. „Stabile politische Verhältnisse sind die Grundlage für ein erfolgreiches und nachhaltiges Wirtschaften“, betonte Reinsberg.

Dirk Reinsberg war Gastgeber der Veranstaltung

Die Keynote von Botschafter Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, machte deutlich, wie wichtig gegenseitiges Vertrauen in einer auseinanderbrechenden Weltordnung ist. Die Machtverschiebungen in Richtung China, die Erosion des staatlichen Machtmonopols und die asymmetrischen Konflikte erfordern laut Ischinger eine noch stärkere europäische Zusammenarbeit, da sich die Einzelstaaten nur gemeinsam Gehör verschaffen können. „Zurück zum Nationalstaat ist der falsche Weg, die EU ist Teil der Lösung, nicht Teil des Problems“, so Ischinger weiter.

Einheitlicher Datenpool gefordert

Nach diesem sehr politischen Auftakt wurden aber selbstverständlich auch die Themen der Getränkebranche diskutiert. Reinsberg plädierte für die Einrichtung eines einheitlichen Datenpools in der Supply Chain. Ein gemeinschaftlich getragenes digitales Fundament sei notwendig, um sich auf die Veränderungen im Zuge der Digitalisierung einzustellen.

„Alle sind dazu aufgefordert, die Leistungsfähigkeit des Mehrwegsystems zu fördern und zu erhalten“, so Reinsberg. „Haltung wird zur unternehmerischen Lebensfrage“, betonte Reinsberg mit Blick auf die Herausforderungen unserer Zeit. „Lassen Sie es uns gemeinschaftlich angehen – ich zähle auf Sie“, so seine Schlussworte.

Deutschlands beste Getränkehändler

Neben all den drängenden aktuellen Themen gab es in Berlin aber auch etwas zu feiern. Im Rahmen des Kommunikationstreffens wurden Deutschlands beste Getränkehändler ausgezeichnet. Der Preis für die beste Getränkeabteilung im LEH ging z.B. nach Borken an die Getränkequelle Edeka Wilger. Das Unternehmen kommt ursprünglich aus dem LEH und hat erst vor kurzem einen eigenen Getränkemarkt eröffnet. Die große Craft Bier-Auswahl, das herausragende „Wasserleitsystem“, ein Weinzapfautomat und die kompetente Beratung lassen dort für die Kunden keine Wünsche offen. Aus diesem Grund konnten sich die Neueinsteiger in der Getränkebranche gleich in diesem Jahr über die begehrte Auszeichnung freuen.

Rund 600 Teilnehmer trafen sich in Berlin zum Kommunikationsabend

Kommunikationsabend

Die Krönung des ersten Tages bildete dann der Kommunikationsabend, wo sich die Teilnehmer an zahlreichen Ständen von Brauereien und Getränkeherstellern intensiv austauschten, alte Bekannte trafen, neue Kontakte knüpften und über die Getränkebranche sinnierten. Die Angst vor dem Coronavirus spielte dabei nur eine Nebenrolle. Lediglich der hochfrequentierte Spender für Desinfektionsmittel am Eingang des Saals deutete auf die angespannte Lage hin. Die gute Laune ließen sich die Teilnehmer davon aber keinesfalls verderben.

Meinungsforschung

Nach einer für viele kurzen Nacht standen drei hochkarätige Vorträge auf dem Programm. Den Anfang machte Prof. Manfred Güllner, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstitut Forsa aus Berlin. In einem launigen Vortrag mit deutlichen Spitzen Richtung Politik und Konkurrenz stellte er aktuelle Umfrageergebnisse seines Instituts vor, ging dabei allerdings nur am Rande auf die Getränkebranche ein. Er sprach sich dagegen aus, sich einem „vermeintlich grünen Zeitgeist“ anzupassen.

Engagement gegen die Vermüllung der Meere

Den mehr als deutlichen Kontrast dazu bildete der anschließende Vortrag von Architektin Marcella Hansch. Sie berichtete leidenschaftlich und mitreißend über ihr Engagement beim Pacific Garbage Screening e.V., Aachen, das aus ihrer Abschlussarbeit entstanden ist. Darin hat sie ein Sedimentbecken für Ozeane entwickelt, das es ermöglicht, Plastik aus dem Meer zu fischen, ohne dafür Netze einzusetzen.

Marcella Hansch will zu ökologischem Engagement inspirieren

Die umfangreiche Recherche für dieses Projekt hat sie nicht mehr losgelassen, inzwischen hat sie deshalb mit Mitstreitern einen gemeinnützigen Verein und ein Start-up gegründet, um diese Idee in die Tat umzusetzen. Derzeit wird das System für einen Einsatz in Flüssen adaptiert, um den Plastikmüll schon kurz nach seiner Entstehung einzufangen. Mit ihrer Begeisterungsfähigkeit hat sie inzwischen ein beeindruckendes internationales Netzwerk mit namhaften Partnern aufgebaut, das sich neben dem Kampf gegen die Vermüllung der Meere u.a. auch für Umweltbildung einsetzt. Sie und ihr Team setzen auf „ökologische Inspiration“, um noch mehr Menschen davon zu überzeugen, mit kleinen Beiträgen die Umwelt zu schützen. Das ist ihr sicher auch an diesem Tag bei vielen Teilnehmern der Veranstaltung gelungen.

Getränkehandel im digitalen Zeitalter

„Der Digitalisierung ist es egal, ob Sie sie mögen – sie findet trotzdem statt“, mit diesen Worten eröffnete Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer der IFH Köln GmbH, seinen Vortrag. Produktgetriebene Denkweisen führen aus seiner Sicht in eine Sackgasse, er plädierte deshalb entschieden dafür, Themen vom Kunden her zu denken und sich noch viel mehr den Customer Journeys zu widmen.

Lebensmittel und Getränke seien die absolute Nachzüglerkategorie in Sachen Online-Handel. Den dadurch gewonnenen Aufschub müssten die Getränkehersteller und -händler aber nun unbedingt nutzen. „Wenn Sie nicht auf dem Smartphone Ihrer Kunden sind, sind Sie tot“, warnte Dr. Hudetz. Der GFGH müsse deshalb auf die dynamischen Rahmenbedingungen reagieren und sich neu erfinden – vom Produktverkäufer zum Lösungsanbieter. Er empfahl die Digitalisierung und Datenauswertung als Chance zu nutzen, um Angebote passgenau auf Kunden zuzuschneiden. Dr. Hudetz ermutigte die Teilnehmer mit Kooperationen auf allen Ebenen auf die neuen Herausforderungen zu reagieren. Und auch wenn KI und Digitalisierung Arbeitsplätze in der Branche ersetzten werden, betonte er: „der Faktor Mensch wird im digitalen Zeitalter nicht unwichtiger, sondern wichtiger“.

Mit diesem ermutigenden Schlusssatz im Gepäck reisten die Getränkeexperten anschließend ab. Im nächsten Jahr treffen sie sich von 18.-19. Februar 2021 wieder in Berlin.

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