16.08.2016

Hygienelücken bei Bügelflaschen schließen

Biertrinker in Deutschland greifen, einer Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen zufolge, immer häufiger zu Bügelflaschen. So ist der Marktanteil von 5,2 Prozent im Jahr 2014 heute bis auf 5,9 Prozent gestiegen. Vor allem mittelständische, regional geprägte Brauereien setzen bei ihren Spezialitätenbieren auf die immer beliebter werdenden Bügelverschlussflaschen. Die exakte Kontrolle des Bügelverschlusses und der Flasche erfordert allerdings eine auf die Anforderungen abgestimmte Anlagentechnik, um eine einwandfreie Hygiene sicherzustellen.

Die wirtschaftliche Bügelverschlussflaschen-Inspektion für bestmögliche Hygiene setzt nicht nur eine Leerflascheninspektion voraus, sondern auch die sorgfältige Kontrolle des Bügelverschlusskopfes inklusive des Dichtgummis. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, entwickelte beispielsweise KS Control aus dem bayerischen Mintraching bei Regensburg eine Inspektionstechnologie auf Basis einer berührungslosen, magnetischen Bügelkopfanhebung. Diese Technik ermöglicht erstmals eine hundertprozentige Flaschenhals- und Bügelverschluss-Vollinspektion ohne Störkonturen für die Kameras und ohne Berührung der Dichtflächen von Flasche und Verschluss.
Da nicht magnetisierbare Bügelverschlüsse aus Chromnickelstahl (1.4301) sukzessive gegen Verschlüsse aus Edelstahl/Chromstahl (1.4016) getauscht und nur noch im Bereich von fünf Prozent produziert werden (Quelle: Bügelverschlusshersteller: Systempack Manufaktur, München, Rauh GmbH & Co. Blechwarenfabrikations-KG, Küps), ist diese patentierte KS-Magnettechnik der zukunftssichere Weg in der Bügelflascheninspektion.

Ein komplexes  Thema

Gegenüber der Leerflascheninspektion üblicher Kronenkorkenflaschen ist die Inspektion von Bügelflaschen wesentlich komplexer. Bisher musste bei der Seitenwandinspektion der Bügelflaschen der Flaschenhals ausgeklammert werden, denn der nach unten hängende Bügel in nicht definierter Position verhinderte die Komplettinspektion. Außerdem ist eine Inspektion des Dichtgummis dringend angeraten. Dessen einwandfreier Zustand ist ein wesentlicher Faktor hinsichtlich Hygiene und Haltbarkeit des Inhalts der Flasche.

Berührungslose Bügelanhebung (pat.) im gesamten Inspektionsdurchlauf
test


Inspektionsmaschinen von KS Control, entweder zur reinen Bügelverschlussinspektion oder zur kombinierten Bügelverschluss- und Leerflascheninspektion, ermöglichen eine sichere Komplettinspektion der Flasche inklusive Dichtgummi bzw. des Bügelverschlusses inkl. Dichtgummi. Mit einem Platzbedarf von max. 2 m² sowie integrierter Bandsteuerung für die vor- und nachgeschalteten Maschinen, sind die kompakten Geradeläufer-Inspektionsanlagen ohne große Umbauten der Flaschenführungen in bestehende Anlagen zu integrieren. Durch die genaue Ausrichtung der Flaschen in eine Richtung ist auch die Möglichkeit gegeben, Flaschen anhand des Embossings zu identifizieren und Fremdflaschen auszuscheiden. Beiden Inspektionssystemen liegt bewährte Technik zugrunde, die die Anforderungen, die von der Genossenschaft Deutscher Brunnen (GDB) in der Prüfliste „Leerflaschenkontrolle für Glas-Mehrwegflaschen“ formuliert sind, erfüllt.

Erkennungssystem

Um eine hohe Bearbeitungsgeschwindigkeit zu ermöglichen, kommen in modernen Erkennungssystemen qualitativ hochwertige Kameras und Objektive mit Ethernet
(GigE)/USB3.0-Schnittstelle zum Einsatz. Eine leichte Nachrüstbarkeit und Erweiterung kann durch modular aufgebaute Licht- und Kameraeinheiten ermöglicht werden. Noch flexibler an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden kann die Inspektionsanlage durch entsprechende Anpassbarkeit im Hard- und Softwarebereich der Bildverarbeitung. Etwa durch eine variable Anzahl von lüfterlosen Kompakt-Industrie-PCs und durch ein ebenfalls modular aufgebautes Softwarekonzept, um individuelle Erweiterungen zu ermöglichen. Neben der einfachen selbsterklärenden Bedienung über Touchscreen sollte die bildliche Darstellung der Inspektionsschritte mit Sortenvorwahl, Fehlerauswertung und Dokumentation eine Selbstverständlichkeit für ein modernes, leistungsfähiges Inspektionssystem sein. Eine zusätzliche Produktionsstatistik sowie die lückenlose Testflaschenprotokollierung dienen Anlagenbetreibern frühzeitig als Indiz der Funktionsfähigkeit der Anlage und sichern vorgegebene Qualitätsstandards.

Fehlererkennung im Flaschenhalsbereich

 

Die Inspektionsschritte

Die von der Waschmaschine ankommenden Flaschen werden vor dem Einlauf in den Inspektor beispielsweise durch ein lichtschrankengesteuertes, motorisch angetriebenes Sternrad vereinzelt und auf einen exakten Flaschenabstand gebracht. Die Geschwindigkeitsregulierung der Bänder erfolgt proportional zur Füllergeschwindigkeit. Dabei muss der Ausstoß der fehlerhaften Leerflaschen berücksichtigt werden, so dass dem Füller ein lückenloser Flaschenstrom bereitgestellt wird.
Zur korrekten Inspektion des Bügelverschlusses, des Flaschenhalses und des Dichtgummis, müssen die Flaschen exakt in eine Richtung ausgerichtet werden. Dies kann etwa über eine kameragesteuerte, per Servomotor angetriebene und in unterschiedlichen Geschwindigkeiten laufende Riemenstation (pat.) bewerkstelligt werden. Bei Flaschen, die nicht ausgerichtet werden können, wie zum Beispiel bei fehlenden Verschlüssen und damit fehlender Orientierung anhand des Kamerabildes, verklemmten oder verbogenen Bügeln, erfolgt beim Maschinendurchlauf auch keine Inspektion. Die betreffenden Flaschen müssen nach dem Inspektor durch ein überwachtes Ausscheidesystem aus dem Produktionsprozess entfernt werden.

Live-Visualisierung mit unbegrenzter Sortenvorwahl und Traceability-Funktion


Um schließlich eine 360 °-Inspektion des Flaschenhalses ohne Störkonturen von Klöppel und Bügel darzustellen, muss der Bügel angehoben werden. Dies wird bei KS Control durch ein Magnetsystem bewerkstelligt, durch das alle magnetischen Bügel zuverlässig angehoben werden. Da der Anteil nicht-magnetischer Bügel im Flaschenpool weiter rückläufig ist, ist diese Lösung die zukunftssichere Alternative. Beschädigungen am Flaschenhals sowie Etikettenreste und Verschmutzungen werden mithilfe der LED-Ausleuchtung von der Hochleistungskamera erkannt. Auch die sichere Unterscheidung und Auswertung von Eigen- und Fremdlogos wird durch die angehobene Bügelposition erleichtert. Mittels eines gespeicherten Referenzbildes können Fremdlogos sowie auch verblasste oder beschädigte Aufdrucke an Keramik- und Kunststoffköpfen erkannt werden. Komplettiert werden die Kontrollmöglichkeiten durch die Dichtgummi Inspektion. Diese wird ebenfalls durch LED-Beleuchtung schattenfrei ermöglicht. Durch die möglichst exakte Positionierung der Kameras werden neben Verschmutzungen auch Beschädigungen erkannt, die ansonsten für Undichtigkeiten des Verschlusses verantwortlich sein können.

Die Dichtgummiinspektion ermöglicht außerdem die Erkennung von:

  • Gummifarbe, je nach Kundenwunsch können einzelne oder nur bestimmte Farben als „in Ordnung“ registriert werden
  • verblichenen Dichtgummis, die maximal erlaubte prozentuale Abweichung ist einstellbar;
  • Rissen und Verschmutzungen, mit einer theoretische Auflösung von 0,1 mm;
  • Fehlen des Dichtgummis;
  • Bruch und Abplatzungen am Keramikzapfen.
Dichtgummikontrolle mit beschädigtem Keramikzapfen

 

Seite, Boden, Dichtfläche und Co.

In der kombinierten Inspektionsanlage werden die Flaschen natürlich auch auf alle weiteren relevanten Merkmale hin kontrolliert. Bei der Dichtflächen- und Mündungsinspektion wird der komplette Mündungsbereich inklusive Dichtfläche abgedeckt. Ein optisches System aus LED-Flächenlicht und Hochleistungskameras arbeitet zur Fehlererkennung bei Weißglas mit Koaxial-Auflicht und bei Braun- und Grünglas mit mehrstufiger Ringbeleuchtung. Dieses System erkennt Fehler wie z. B. Ausbrüche, Abplatzungen und Spannungsrisse. Zur sicheren Gewindeinspektion auf Defekte an der Mündung und der Gewindegeometrie, erfolgt ein flächiges Aufklappen des Gewindes mittels einer Spezialoptik und Durchlicht von unten. Die Inspektionsfeinheit ist stufenlos von der Gewinderauigkeit bis zur gewünschten Abnutzung und Brucherkennung einstellbar.
Zur klassischen Seitenwand-Rundum-inspektion kommen zwei Durchleuchtstationen zum Einsatz. Bis zum mittleren Leistungsbereich von bis zu ca. 18 000 Fl/h arbeitet der Leerflascheninspektor mit einer Einfachseitenwand-Inspektion mit zwei Hochleistungskameras, die im Durchlauf je zwei Kontrollbilder erzeugen. Bei höheren Leistungen kommt eine Doppelseitenwand-Inspektion mit vier Kameras für acht Ansichten zum Einsatz. Hierzu werden die Flaschen in einer Riemenstation jeweils um 90 ° gedreht. Durch die automatische Analyse unterschiedlicher Glasstrukturen werden Sprünge, Schlagspuren, Scuffing sowie Etikettenreste durch die überlappende 360 °-Rundumsicht erkannt. Um Abplatzer am Behälterboden und Flascheninhalte jeglicher Art, wie Insekten, Zigarettenkippen sowie halb- bzw. teiltransparente Folienreste, zu erkennen, kommt eine schatten- und reflexionsfreie Bottom-up-Beleuchtung sowie eine über der Flaschenmündung positionierte Hochleistungskamera mit speziellen Polfiltern zum Einsatz.

Inspektionsmöglichkeiten: Bügelverschluss (Rot); Leerflascheninspektion (Blau)


Zum Schutz vor Produktkontaminationen, etwa durch ätzende Lauge, inspizieren zwei voneinander unabhängige Systeme auf noch vorhandene Restflüssigkeiten. Infrarotsensoren (IR) erkennen Öle und Lacke und mit Hochfrequenztechnologie (HR) werden selbst geringe Mengen von Restlauge aus der Flaschenreinigung identifiziert. Mit dieser Kombination wird eine Verunreinigung des Inhalts durch Restflüssigkeiten in der Flasche ausgeschlossen.
Um schließlich die Nachvollziehbarkeit der Inspektionssicherheit zu gewährleisten, können in bestimmten Abständen speziell präparierte Testflaschen gefahren werden, wodurch die Funktionen aller Kamerasysteme kontrolliert werden können. Eine lückenlose Testflaschenprotokollierung sowie eine Produktionsstatistik dienen als Indiz der Funktionsfähigkeit der Anlage und sichern zeitgleich geforderte Qualitätsstandards mit den relevanten Inspektionsdaten.

Fazit

Bügelverschlussflaschen sind für Brauereien zunächst einmal eine finanzielle Belastung durch höhere Flaschenkosten und eine Mehrinvestition in eine moderne, vollautomatische Bügelverschlussinspektion. Ist die Bügelverschlusskontrolle zukunftssicher und flexibel konzeptioniert, oder noch rationeller mit einer Leerflascheninspektion kombiniert, rechnet sich die Investition mit gehobenem Qualitätsstandard und der daraus resultierenden Kundenbindung. Der Trend zu regionalen Bierspezialitäten in Bügelflaschen ist steigend. Die Zuwachsraten in der Gastronomie, in Supermärkten und in Getränkemärkten sprechen für sich.

Brauwelt-Newsletter

Newsletter-Archiv und Infos

Pflichtfeld